Berufsanerkennung in 7 Schritten
Hier eine kleine Hilfe, wie Sie mit wenigen Schritten Ihren Beruf bewerten bzw. anerkennen lassen können.
Wie lasse ich meinen Beruf anerkennen?
1. Ist mein Beruf reglementiert?
2. Welchen Aufenthaltsstatus habe ich?
1. Ist mein Beruf reglementiert?
Vorweg: Es ist wichtig die Unterscheidung zwischen einem reglementierten und einem nicht-reglementierten Beruf zu kennen.
Reglementierte Berufe sind von einer besonderen Bedeutung für den Staat und deshalb an bestimmte Rechts- oder Verwaltungsvorschriften gebunden. Mit anderen Worten, darf in diesen Berufen nur derjenige arbeiten, der eine entsprechende Berufsqualifikation vorweisen kann. Typische Beispiele für reglementierte Berufe sind Rechtsanwälte, Altenpfleger oder Ärzte. Eine vollständige Liste von reglementierten Berufen finden Sie unter diesem Link.
Sollte Ihr Beruf zu der Gruppe der reglementierten Berufe angehören, so ist eine Anerkennung unbedingt zu empfehlen. Denn nur dann, können Sie diesen Beruf auch in Deutschland ausüben.
Nicht-reglementierte Berufe sind alle anderen Berufe – über die ausreichende Qualifikation für eine bestimmte Stelle entscheiden allein die Arbeitgeber. In manchen Fällen ist eine Anerkennung bzw. Bewertung dennoch ratsam. Durch die Bewertung kann der Arbeitgeber Sie möglicherweise besser einschätzen und Sie entsprechend Ihrer Qualifikation einstellen.
2. Welchen Aufenthaltsstatus habe ich?
Es gibt verschiedene Gründe für eine Migration von Menschen und ebenso unterschiedliche Rechtsvorschriften für ein Bleiberecht in Deutschland. Für die Berufsanerkennung sind vor allem drei dieser Arten interessant.
2.1 Aussiedler
Haben Sie einen Aussiedlerstatus (einen s.g. Vertriebenenausweis), so sollten Sie eine Berufsanerkennung auf jeden Fall anstreben. Im Bundesvertriebenengesetz (§10) ist eine erleichterte Anerkennung von Berufsabschlüssen geregelt. Und das unabhängig davon, ob ein Beruf reglementiert ist! Wenn Sie diesen Status besitzen, können Sie de facto damit rechnen, dass Ihr Berufsabschluss in Deutschland auch anerkannt wird.
2.2 EU-Angehörige
Wenn Sie aus einem EU-Staat nach Deutschland gekommen sind, so ist die Anerkennungspraxis in der EU Richtlinie 2005 / 36 / EG geregelt. Darin heißt es sinngemäß: wenn Sie in Ihrem Heimatland eine Berechtigung für die Ausübung eines bestimmten Berufes hatten, so müssen Sie diesen EU-weit, also auch in Deutschland, ausüben können. Eine Anerkennung im Bereich der reglementierten Berufe ist daher auf jeden Fall ratsam und erfolgsversprechend.
2.3 Drittstaatangehörige
Die dritte Gruppe sind alle übrigen Personen. Zu beachten sind einige Äquivalenz- oder bilaterale Abkommen, wie z.B. mit der Schweiz oder China. Nicht zuletzt dank des neuen Gesetzes (BQFG) hat auch diese Personengruppe den Anspruch auf Anerkennungs- bzw. Gleichwertigkeitsprüfung.
3. Beruf wählen
Dieser Punkt wird gesondert aufgeführt, obwohl viele diesen Punkt vernachlässigen. Bevor Sie Ihre Unterlagen zum Übersetzer geben, recherchieren Sie ausführlich, unter welchen Namen Ihr äquivalenter Beruf in Deutschland geführt wird. Die beste Informationsquelle ist hier die Seite berufenet der Arbeitsagentur.
Warum das wichtig sein kann? Ein Beispiel: Eine Person aus der Türkei ist, laut der Diplomübersetzung, ein Forstwirt. Bei genauer Betrachtung seiner Tätigkeiten fällt aber auf, dass er weniger mit der Waldpflege zu tun, als vielmehr mit Papier und Holzbearbeitung. Dies tut in Deutschland aber ein Holzwirt.
Vermeiden Sie deshalb im Vorfeld Irritationen und informieren Sie sich, welcher Ihr äquivalenter Beruf ist.
4. Zeugnisse übersetzen
Im nächsten Schritt sollten Sie alle Nachweise, Zeugnisse, Zertifikate zusammen finden. Diese müssen Sie übersetzen lassen (Wichtig! vom beeidigten Übersetzer). Diese Übersetzung kostet in der Regel Geld. In manchen Fällen, wenn Sie Arbeitslosengeld I oder II beziehen, können Sie sich diese Kosten von der Arbeitsagentur bzw. vom Jobcenter erstatten lassen. Sprechen Sie, unbedingt vorher, mit Ihrem Arbeitsvermittler oder Fallmanager.
5. Zuständigkeit klären
Klären Sie im nächsten Schritt wer für die Anerkennung ihres Berufes zuständig ist. Die Zuständigkeiten können Sie auf der Seite zur Anerkennung des Bildungsministeriums herausfinden.
6. Antrag stellen
Nun müssen Sie an die zuständige Stelle einen formlosen Antrag stellen. Schreiben Sie darin welcher Beruf anerkannt werden soll, bzw. für welchen Beruf eine Gleichwertigkeitsprüfung beantragt wird. Darüber hinaus müssen Sie in der Regel einen Lebenslauf, Arbeitszeugnisse, Abschlusszeugnisse und einen Ausweis in beglaubigter Kopie hinzufügen.
7. Bescheid kriegen
Sie können am Ende des Anerkennungsprozesses eine volle Berufsanerkennung erhalten. Möglich ist aber auch eine teilweise Anerkennung. In diesen Fällen sollten Wege aufgezeigt werden, mit welchen Maßnahmen Sie die volle Anerkennung erlangen können. Möglich ist aber auch ein negativer Bescheid, gegen den Sie aber in Widerspruch gehen können.
8. Sonstiges
Informieren Sie sich ob und inwieweit sich eine Berufsanerkennung auch für Sie persönlich lohnt. Die Frage stellt sich vor allem bei nicht-reglementierten Berufen.
Bei akademischen Abschlüssen, in Berufen die nicht reglementiert sind, ist die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) zuständig.
Recherchieren Sie nach Beratungsmöglichkeiten, z.B. auf dieser Seite. Sie können aber auch gerne zu uns kommen.
Wenn Sie sich grundsätzlich über die Berufsanerkennungspraxis in Deutschland interessieren, besuchen Sie diese Seite. Auf der rechten Seite finden Sie die Studie „brain-waste“.
Informieren Sie sich über Fördermöglichkeiten. Einige interessante Angebote finden Sie beispielsweise bei der Otto-Benecke-Stiftung.
Denken Sie über Alternativen nach: eine neue Ausbildung, ein weiteres Studium oder eine Existenzgründung.
Hier eine Auswahl von wichtigen Links zu Berufsanerkennung
Link zu der Studie „brain waste“ und weiteren Infos:
http://www.berufliche-anerkennung.de/index.php/brain-waste
Offizieller Seite des Bildungsministeriums:
http://www.anerkennung-in-deutschland.de/html/de/
Datenbank zu ausländischen Abschlüssen:
http://anabin.kmk.org/anabin-datenbank.html
Zeugnisbewertung für akademische Berufe:
http://www.kmk.org/zab/zeugnisbewertungen.html
Datenbank der Berufe:
http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/
Diese Informationen sind seitens der bildungsagentur preuss sorgfältig zusammengestellt. Eine Haftung für etwaige Schäden kann nicht übernommen werden. Sollten Sie trotz unserer großen Sorgfalt Fehler entdecken, schreiben Sie uns.
Von Christoph Preuss | 14.07.2016 | Coaching | Berufsanerkennung
Über den Autor
Christoph Preuss
Gründer der Bildungsagentur Preuss und Dipl. Pädagoge. Er ist Experte für Beratung, Bildung, Interkulturalität und Arbeitsmarkt.